Ich ließ das letzte Jahr vor meinen Augen vorüberziehen und meine Gedanken vorauseilen ins kommende Jahr und die Worte des Beters des 8. Psalms kamen mir in den Sinn: „Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“
Auf engstem Raum wird hier die Ambivalenz unseres Seins ausgedrückt, die die meisten von uns so oft spüren: Wer bin ich, dass ich mich als einzelner Mensch um den Krieg in der Ukraine, steigende Energiekosten und auch noch um die Rettung der Schöpfung kümmern muss? Auf der anderen Seite spüre ich die Verantwortung, die auf mir lastet – nicht nur für mich selbst, sondern auch für Mitmenschen und sogar nachfolgende Generationen. Diese Ambivalenz zwischen Ohnmachtsgefühl und Verantwortung droht mich manchmal zu zerreißen.
Es ist nun gerade eine ausländische Sklavin, eine Ägypterin namens Hagar, die den Gottesnamen ausspricht, der mich in solchen Momenten aufrichtet: „Und sie nannte den Namen des HERRN, der mit ihr redete: ‚Du bist ein Gott, der mich sieht.‘“ Es ist ein Name, der uns begleiten möge durch das Jahr 2023, eine Beschreibung Gottes, die uns vielleicht gerade in unseren schwächsten Momenten aufzurichten vermag: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“
Ich wünsche uns allen ein gesegnetes Jahr 2023!
Ihr (Pfarrer) Oliver Wegscheider